Zehn Alternativen zur Strafe
von Jan Hunt

Viele Eltern haben die schädlichen Auswirkungen der körperlichen Strafe erkannt. Sie haben gelernt, dass ein Klaps, Schläge und Prügel nur Gewalt lehren, das Selbstvertrauen des Kindes zerstören, Wut hervorrufen, das Lernen beeinträchtigen und der Beziehung zwischen Eltern und Kind schaden.

Aber zu wissen, was man nicht tun sollte, ist nur der erste Schritt. Eltern, die Strafen vermeiden wollen, fragen sich, was sie anstatt dessen tun sollten. Unglücklicherweise empfehlen die meisten Erziehungsbücher und –artikel "Alternativen", die sich bei näherem Hinsehen lediglich als alternative Bestrafungsmethoden entpuppen. Dazu zählen die sogenannten "logischen" Konsequenzen, die Auszeit und der Entzug von Privilegien.

Alle diese Methoden haben viel gemeinsam mit der körperlichen Strafe, und alle übermitteln die gleiche Botschaft: dass die Eltern kein Interesse haben an dem zugrunde liegenden unerfüllten Bedürfnis, das zu dem Verhalten geführt hat, und dass die Eltern bereitwillig ihre Überlegenheit durch Körpergröße und Macht über das Kind ausnutzen. Vor allem vermitteln sie dem Kind, dass die Menschen, die es liebt und denen es vertraut, ihm Schmerzen zufügen möchten. Diese Botschaft macht das Kind "verrückt", weil es im krassen Gegensatz zum intuitiven Verständnis des Kindes steht, wie sich Liebe darstellen sollte. Und schließlich werden durch all diese Ansätze die besten Gelegenheiten des Lernens verpasst, weil sie das Kind in Rachefantasien ablenken. Es wird zu sehr davon abgehalten, sich auf das wirkliche Problem zu konzentrieren. Wirkliche Alternativen zur Strafe sind solche, die dem Kind helfen auf gesunde Art und Weise zu lernen und aufzuwachsen. Es gibt wenig größere Freuden im Leben als einem Kind zu erlauben, uns zu lehren, was Liebe ist.

Hier sind zehn Alternativen, die dem Kind nur positive, liebevollen Botschaften mitgeben:

1. Verhindern Sie das Auftreten von ungewolltem Verhalten, indem Sie die Bedürfnisse Ihres Kindes erfüllen, wenn sie erstmalig auftreten. Dies ist vielleicht der beste Ansatz. Es verhindert nicht nur schlechtes Benehmen, es teilt dem Kind auch mit, dass Sie es wirklich lieben. Wenn seine gegenwärtigen Bedürfnisse erfüllt sind, kann sich das Kind befreit der nächsten Phase des Lernens widmen.

2. Stellen Sie eine sichere, kinderfreundliche Umgebung bereit. Es macht wenig Sinn, kostbare Dinge in Reichweite eines Kleinkindes aufzubewahren, wenn man sie genauso gut wegstellen könnte, bis das Kind alt genug ist, vorsichtig damit umzugehen. Bieten Sie älteren Kinder Gelegenheiten zum aktiven Spiel.

3. Wenden Sie die Goldene Regel an: denken Sie darüber nach, wie Sie gerne behandelt werden würden, wenn Sie in der gleichen Lage wären wie Ihr Kind - und behandeln Sie Ihr Kind entsprechend. Ein Mensch ist ein Mensch, ungeachtet des Alters.

4. Zeigen Sie Einfühlungsvermögen für die Gefühle Ihres Kindes. Selbst wenn das Verhalten des Kindes unlogisch erscheint, sind die zugrunde liegenden Gefühle und Bedürfnisse echt und müssen ernst genommen werden. Zu sagen "Du sieht richtig unglücklich aus" ist eine gute Möglichkeit, einem Kind zu zeigen, dass man sich für seine Bedürfnisse und Gefühle interessiert.

5. Bestätigen Sie die Gefühle Ihres Kindes, damit es weiß, dass wir es verstehen, dass es akzeptabel ist, die Gefühle zuzulassen, die man empfindet, und dass es nicht zurückgewiesen wird aufgrund bestimmter Gefühle, die es hat. Zum Beispiel: "Das hat mir auch Angst gemacht."

6. Erfüllen Sie zunächst das zugrunde liegende Bedürfnis, das zu dem Verhalten geführt hat. Wenn wir das äußerliche Verhalten bestrafen, wird das weiterhin unerfüllte zugrunde liegende Bedürfnis immer wieder auf anderen Wegen zu Tage treten bis es schließlich erfüllt wird. Ein Beispiel wäre hier: "Bist Du traurig, weil Dein Freund wegzieht?"

7. Bleiben Sie auf der Seite Ihres Kindes. Wo immer es möglich ist, sollte eine Lösung gefunden werden, die für beide Seiten ein Gewinn ist und die die Bedürfnisse aller Beteiligten erfüllt. Um die Fertigkeit zur Konfliktlösung zu erlernen, sollten Sie sich mit der "Gewaltfreien Kommunikation" beschäftigen. (www.gewaltfrei.de)

8. Versichern Sie Ihrem Kind, dass es geliebt und geschätzt wird. Sogenanntes schlechtes Benehmen ist oft der Versuch des Kindes, das Bedürfnis nach mehr Liebe und Aufmerksamkeit auszudrücken, auf die beste Art und Weise, auf die es in dem Moment dazu in der Lage ist. Wenn es dieses Bedürfnis auf eine reifere Art ausdrücken könnte, würde es dies tun. Zum Beispiel könnten Sie fragen: "Würdest Du gerne mit mir ein Buch lesen, damit wir etwas Zeit miteinander haben?"

9. Sorgen Sie für positive abwechselnde Erlebnisse und produktive Aktivitäten. Bieten Sie Buntstifte an, lesen Sie vor, lassen Sie das Kleinkind in der Badewanne spielen oder genießen Sie einen gemeinsamen Spaziergang. Dies kann die Aufmerksamkeit von einer Situation ablenken, die zu stressig geworden ist, um sie in dem Moment zu lösen: "Lass uns Knete herstellen!"

10. Fragen Sie sich selbst: "Werde ich später an diese Situation zurückdenken und lachen?" Wenn ja, warum nicht gleich jetzt lachen? Ergreifen Sie die Gelegenheit, die Erinnerung zu erschaffen, die Sie später gerne an diesen Tag hätten. Die Situationen, die uns am meisten herausfordern, können entschärft werden, wenn wir zur richtigen Zeit gutmütigen Humor einsetzen: "Oh nein, ihr habt Euch gegenseitig grün angemalt? Wartet, lasst mich die Kamera holen!"

Durch diese Mittel können wir die aufrichtige Zusammenarbeit herbeiführen, die wir uns wünschen. Aber unsere größte Belohnung wird eine lebenslange enge Beziehung zu unserem Kind sein, geprägt von gegenseitiger Liebe und gegenseitigem Vertrauen.
 

© Copyright Jan Hunt
 

Aus dem Amerikanischen übertragen von S. Mohsennia
Original: www.naturalchild.org/jan_hunt/punishment.html