Bereitet das Leben ohne Schule Kinder auf die wirkliche Welt vor?
von Larry und Susan Kaseman

Als Familie, deren Kinder keine Schule besuchen, werden wir manchmal mit schwierigen Fragen konfrontiert. Eine ist: Bereitet das Leben ohne Schule Kinder auf die wirkliche Welt vor? Da Kinder, die nicht zur Schule gehen, so viel Zeit mit ihrer Familie verbringen und weil ihnen die Nackenschläge erspart bleiben, die oft mit dem Besuch einer konventionellen Schule einher gehen, scheint daraus die logische Schlussfolgerung gezogen zu werden, dass sie nicht auf die Herausforderungen und Probleme des Erwachsenenlebens in der wirklichen Welt vorbereitet sein werden.

Manchmal bietet diese Frage eine willkommene Gelegenheit, fundamentale Fragen zu untersuchen. Was ist überhaupt die wirkliche Welt? Welche Einstellungen und Fähigkeiten bereiten uns darauf vor, uns mit ihr effektiv auseinander zu setzen? In welchem Maße formen unsere Erwartungen und unsere Vorbereitungen auf die wirkliche Welt die Welt, in der wir leben?

Ein anderes Mal streift die Frage "Bereitet das Leben ohne Schule Kinder auf die wirkliche Welt vor?" unsere Zweifel. Wir fragen uns, ob wir unseren Kindern einen schlechten Dienst erweisen, indem wir sie um die Lerngelegenheiten bringen, die mit den Härten einhergehen, die zum Besuch einer konventionellen Schule gehört: die Notwendigkeit, Schlange zu stehen, gelangweilt zu sein, mit Rabauken fertig zu werden, Augenzeuge von Demütigung zu sein oder sie selbst zu erfahren, und so weiter. Werden unsere Kinder weniger gut auf die wirkliche Welt vorbereitet sein, weil sie eine positive, sichere Kindheit hatten?

Zudem möchten wir vielleicht ein paar grundsätzliche Ideen auf Lager haben, wie das Leben ohne Schule Kinder auf die wirkliche Welt vorbereitet, damit wir auf eine unschuldige oder feindliche Frage zu diesem Thema schnell antworten und uns dann wieder dem Leben und Lernen widmen können.

Und je klarer wir die Stärken des Lebens ohne Schule begreifen, einschließlich der herausragenden Möglichkeiten, die es den Familien bietet, die Kinder auf die wirkliche Welt vorzubereiten, desto eher ist es uns möglich, anderen die Stärke und Bedeutung des Lebens ohne Schule vor Augen zu führen und ihnen zu erklären, warum wir vernünftige Gesetze und Regelungen für das Leben ohne Schule brauchen.

Diese Kolumne stellt Wege vor, die wir beim Nachdenken über diese Frage und bei ihrer Beantwortung beschreiten können. Sie basiert auf der Prämisse, dass Kinder lernen müssen, in der wirklichen Welt zurecht zu kommen. Wir würden ihnen keinen guten Dienst erweisen, wenn wir dies ignorieren würden. Als Eltern, deren Kinder keine Schule besuchen, haben wir allerdings viele Möglichkeiten, unseren Kindern einen besseren Weg anzubieten, dies zu lernen, als konventionelle Schulen das können.

Das Leben in einer unterstützenden Familie und Gemeinde

Erstens: wenn wir Kindern die Gelegenheit geben, ihre frühen Jahre als Teil einer starken und liebenden Familie zu verbringen, geben wir ihnen den Raum, die Unterstützung und die Sicherheit, die sie brauchen, um starke, positive Ich-kann-Menschen zu werden. Dies ist eine viel effektivere Art, Kindern zu helfen, mit der wirklichen Welt fertig zu werden als sie zu konventionellen Schulen zu schicken, wo sie als primäre Arten, sich mit der wirklichen Welt auseinander zu setzen, lernen, hart im Nehmen zu werden und sich zu wehren.

Es ist nicht ungewöhnlich zu hören, wie Eltern, deren Kinder nicht zur Schule gehen, äußern, dass einer der besten Aspekte des Lebens ohne Schule die Stärkung der Familie ist. Dies ist nicht überraschend, wenn man die Kontrolle über unsere Zeit, über die Orte, an denen wir leben, arbeiten und spielen, über unsere Aktivitäten, über unsere Ernährung und über vieles mehr in Betracht zieht, die uns das Leben ohne Schule erlaubt. Einfach Zeit miteinander zu verbringen, einander kennen zu lernen, zu lernen, miteinander zu leben, und positive und negative Erfahrungen miteinander zu teilen, trägt eine Menge zur Stärkung einer Familie bei.

Wenn Kinder älter und reifer werden, bietet ihnen die Flexibilität des Lebens ohne Schule viele Gelegenheiten, in positiver Weise mit den Mitgliedern ihrer Gemeinde zu interagieren. Kinder, die keine Schule besuchen, haben die Flexibilität, Aktivitäten zu wählen, die sie mögen und die ihnen erlauben, ihre Talente und Stärken einzusetzen. Sie haben Zeit, Aktivitäten auf einem Einstiegsniveau zu beginnen und allmählich mehr Verantwortung zu übernehmen. Sie werden aktiv von ihren Familien unterstützt, wenn sie ehrenamtlich oder gegen Bezahlung arbeiten und wenn sie an Gemeinde- und Freizeitaktivitäten teilnehmen. Faktoren wie diese lassen Kinder, die nicht zur Schule gehen, in ihren Gemeinden positive, lohnende und zufriedenstellende Erfahrungen machen.

In der wirklichen Welt leben und lernen

Zweitens geben wir unseren Kindern durch die Wahl des Lebens ohne Schule die Gelegenheit, in der wirklichen Welt aufzuwachsen und zu lernen, anstatt sie in der künstlichen Welt einer konventionellen Schule zu isolieren. Dies bedeutet, dass sie eine ganze Menge durch Beobachtung und praktische Erfahrung lernen, während sie aufwachsen. Bedenken Sie zum Beispiel Folgendes:

Eine gesunde Sichtweise der wirklichen Welt entwickeln

Drittens können wir unseren Kindern helfen, die positiven Aspekte der wirklichen Welt zu sehen, anstatt sie als einen hoffnungslos düsteren und feindlichen Ort zu betrachten. Es gibt viel Gutes im Leben und in der Welt, das wir feiern können, und wir können daran arbeiten, dass es noch mehr wird, damit die wirkliche Welt ein gesunder Ort ist, an dem unsere Kinder, wir selbst und andere willkommen sind und unterstützt werden. Das Leben muss nicht hart sein, um wirklich zu sein.

Um Kinder auf die "wirkliche Welt" vorbereiten zu können, müssen wir eine klare Vorstellung davon haben, was die "wirkliche Welt" ist. Menschen, die fragen, ob das Leben ohne Schule Kinder vorbereitet, missverstehen vielleicht nicht nur das Leben ohne Schule, sondern die wirkliche Welt ebenso. Frager haben oft ein verbittertes Bild von der Welt. Dieses Bild wird oft von den Abendnachrichten genährt; von den angespannten und sarkastischen Beziehungen, die in Fernsehserien dargestellt werden; von der Gewalt in vielen aktuellen Filmen; und von anderen Aspekten der populären Kultur, die das Dramatische, das Tragische, das Gewalttätige, das Widerwärtige, das Ausfallende betont. Viele Zuschauer vergessen, dass diese Ereignisse, ob echte Ereignisse (mit einem fraglicher werdenden Grad an Genauigkeit gemeldet) oder erfundenes Drama, entweder als Nachricht oder als sensationelle Unterhaltung eingestuft werden müssen, weil sie selten und einzigartig sind und es unwahrscheinlich ist, dass sie vielen Leuten (wenn überhaupt jemandem) widerfahren werden.

Unglücklicherweise schlagen manchmal Tragödien zu. Aber der überwiegende Anteil des Lebens von Menschen in der wirklichen Welt basiert auf Interaktionen mit anderen, die kooperativer Natur sind. Zu diesen Interaktionen gehören: mit Familienmitgliedern arbeiten und spielen; Zeit zur Erholung mit Freunden verbringen; mit Kollegen zusammenarbeiten; mit Mitarbeitern der Gesundheitsvorsorge, Verkäufern und höflichen Fahrern in positiver Weise umgehen; und die Freundlichkeit von Fremden erleben. Wäre es übertrieben zu sagen, dass diese Art von kooperativen Interaktionen mindestens 75% des Lebens der meisten Menschen ausmachen?

Natürlich gibt es täglich Interaktionen, die eher konkurrenzbetont als kooperativ sind. Manchmal ist es aus Spaß: eine Partie Monopoly mit der Familie, das Softball-Spiel der Kirche, gutgemeintes Scherzen darüber, wessen Auto am meisten funkelt und wessen Rasen am grünsten ist. Aber einige Konkurrenzsituationen sind Grenzfälle: Wer ist mit dem Spülen oder mit dem Tanken an der Reihe? Wie kommt es, dass sie ein größeres Stück Kuchen bekommen hat als ich? Wer wird im Betrieb die begehrte Beförderung bekommen? Etwa 24% unserer Interaktionen sind mit Konkurrenz verbunden.

Vielleicht in 1% oder weniger der Interaktionen äußert sich Aggression: der Fahrer, der uns schneidet; die Person auf der Arbeit, die uns durch ihre Lügerei ungerechterweise in Schwierigkeiten bringt; schneidende Bemerkungen von Verwandten, die nicht verstehen, warum wir uns für das Leben ohne Schule entschieden haben. Klar, diese Begebenheiten erregen unsere Aufmerksamkeit und bleiben uns im Gedächtnis, obwohl sie viel seltener sind als die kooperativen oder die Konkurrenzsituationen. Sie können eine Menge Schaden anrichten, und wir und unsere Kinder sind besser vorbereitet, mit der wirklichen Welt fertig zu werden, wenn wir wissen, wie wir solche unfairen und zuweilen tragischen Episoden vorhersehen, verhindern und umlenken können, und wie wir ihnen begegnen und mit ihnen fertig werden können. Aber sie machen einen kleinen Teil unseres Lebens aus, nicht den überwiegenden Teil.

Macht es also keinen Sinn, sicherzustellen, dass wir unsere jungen Kinder auf die kooperativen Teile ihres Lebens vorbereiten, genauso wie auf die aggressiven? Für viele Kinder ist der Besuch einer konventionellen Schule eine so harte und herausfordernde Erfahrung, dass es selbst für die liebevollsten Eltern schwierig ist, den Schaden wieder gut zu machen, der den Kinder zugefügt wurde, bevor sie alt genug waren, mit solchen Herausforderungen fertig zu werden.

Eine Frage, die uns vielleicht in Zukunft gestellt wird: Wie bereitet das Leben ohne Schule Kinder so gut auf die wirkliche Welt vor?

Vielleicht wird eines Tages die Tatsache, dass das Leben ohne Schule Kinder auf die wirkliche Welt vorbereitet, anerkannt und möglicherweise gar mit Beifall beklatscht werden. Vielleicht werden die ständigen Kritiker des Lebens ohne Schule und seine gelegentlichen Beobachter erkennen, dass das, von dem sie auf den ersten Blick eventuell glauben, es sei eine Schwäche des Lebens ohne Schule, in Wirklichkeit eine Stärke ist.

In der Vergangenheit sind Familien, deren Kinder keine Schule besuchen, über viele Dinge befragt und dafür kritisiert worden, die uns nun zugute gehalten werden. Zum Beispiel hatten viele Zweifel, ob Kinder außerhalb von konventionellen Schulen ohne ausgebildete Lehrer lernen könnten. Aber Tausende von Kindern, die nicht zur Schule gehen, haben gezeigt, dass sie das sehr wohl können, und die Öffentlichkeit ist beeindruckt. Ebenso haben sich die Leute gefragt, ob Kinder, die keine Schule besuchen, Aufnahme in eine Hochschule finden würden und fähig wären, die geforderten Aufgaben zu bewältigen. Heute suchen die Hochschulen aktiv nach jungen Menschen, die keine Schule absolviert haben.

Vielleicht werden die Leute irgendwann in der Zukunft erkennen, dass Kinder, die in einer warmen, kooperativen und unterstützenden Umgebung von Menschen erzogen werden, die sie lieben, tatsächlich besser auf die wirkliche Welt vorbereitet sind, als wenn sie in jungen Jahren ausgeschickt worden wären, in einer Umgebung voller Konkurrenz und manchmal Aggressivität mit Fremden und großen Gruppen von Gleichaltrigen fertig zu werden.

Was wir tun können (oder genauer gesagt, was wir bereits tun und wovon wir mehr tun könnten)

Schlußfolgerung

Bereitet das Leben ohne Schule Kinder auf die wirkliche Welt vor? In der Tat tut es das. Es erlaubt Kindern, stark und positiv aufzuwachsen, mit der Liebe und Unterstützung ihrer Familien. Es bietet den Kindern unendliche Gelegenheiten, die wirkliche Welt zu beobachten und an ihr teilzuhaben. Und es ermutigt Familien, eine positivere Perspektive der wirklichen Welt zu entwickeln, die zahllose Türen zu einem Menschenleben voll bedeutsamer Arbeit, voll sinnvollem Lernen und Leben öffnet. Diese Möglichkeiten sind ein weiterer Grund, warum Familien sich für das Leben ohne Schule entscheiden, warum das Leben ohne Schule funktioniert und warum so viele Familien sich für die Erhaltung der Freiheit und der Möglichkeiten des Lebens ohne Schule einsetzen.
 

© Copyright 2003 Larry and Susan Kaseman
 

Aus dem Amerikanischen übertragen von S. Mohsennia
Original: www.home-ed-magazine.com/HEM/204/jatch.html

Erschienen in: Home Education Magazine, No. 104, July/August 2003, S. 23 - 26